Martin Erhard
1907 - 1979
Über Martin Erhard ist wenig bekannt: in den 1970er Jahren lebte er in Peissenberg in Oberbayern im Distrikt Weilheim-Schongau und arbeitete dort im Kohlebergbau. Er soll die Nachtschichten untertage vorgezogen haben. Er hatte weder eine Frau noch Kinder. Soweit man sich erinnert, soll er meist Gummistiefel getragen haben. Alles in allem, scheint er ein unauffälliger Mann gewesen zu sein. Man sagt, er zeichnete gern auf den Tunnelwänden und den Wagen in den Kohleschächten.
Beim Betrachten von Martin Erhards Werk fällt einem der Gegensatz zwischen der überirdischen und der unterirdischen Welt auf: eine seiner kartografischen Landschaften besteht aus über 50 DIN A2 Bögen, die insgesamt eine Fläche von über 75 Quadratmetern einnehmen. Zu sehen ist eine detaillierte topografische Aufzeichnung, die entlang einer ununterbrochenen, endlosen Bahntrasse Felder, Grenzen, Bahnhöfe und die gelegentlichen Fördertürme in die Tunnel untertage beschreibt.
Und dann gibt es noch die Welt im Untergrund: eine Serie von Blaupausen für Räume, wahrscheinlich untertage, die Erhard entwarf. Diese fantastischen psycho-architektonischen Baupläne zeigen Räume zur „Ausübung von Sexualitäten aller Arten nach Wunsch und Trieblust“ für „perverse Männer“ und „sadistische Frauen“ oder ein „Haus für Nachholung Sport, Übung und Kunst sowie zum Schauvergnügen mit sündhafter Geniessbarkeit.“
Neben diesen Arbeiten besteht das Werk aus einer Auswahl handgeschriebener Selbstbeobachtungen - Dokumentationen die womöglich ein Licht auf die Dualität der diskreten, verstörenden und privaten Welt von Martin Erhard werfen. Die Arbeiten von Martin Erhard sind in der Sammlung Arnulf Rainer vertreten