Albert Leo Peil
1946 – 2019
Albert Leo Peil wird 1946 in Berlin geboren. Im Alter von 15 Jahren zieht er von dort in die fränkische Kleinstadt Lauf an der Pegnitz. Ein Kunststudium bei dem abstrakten Maler Ernst Weil an der Nürnberger Akademie der Bildenden Künste bricht er nach zwei Semestern ab. Er absolviert eine Ausbildung zum Dekorateur und bestreitet seinen Lebensunterhalt mit einfachen Tätigkeiten, etwa für das örtliche Klärwerk. Der fehlende Glanz der eigenen Berufswelt hindert Peil nie daran, in der Tradition der großen Avantgarden die Grenzen zwischen Kunst und Privatleben zu ignorieren. In seinem Nachlass finden sich mehrere exzentrische Kostüme, etwa ein Anzug aus wolfsgrauem Kunstpelz oder schwarze Ledermonturen, die Attribute von Priestergewand und Fetischkluft verbinden. Zeitzeugen zufolge prägte Peil das Pegnitzer Stadtbild, indem er derart gekleidet und stark parfümiert alltäglichen Erledigungen nachging. Auch andere im Nachlass gefundene Werke lassen eine Gefühlswelt vermuten, in der sich fromme Arbeitsmoral und körperliches Verlangen in prekärer Balance halten. Peil bevölkert futuristische und psychedelische Landschaften mit idealisierten Männerfiguren, deren Virilität jedoch häufig eher spirituell als aufreizend wirkt. Nach dem Tod des Künstlers ist wohl nicht mehr zweifelsfrei festzustellen, ob Peil hier Objekte seiner erotischen Begierde zeichnet oder ein idealisiertes Alter Ego. Daneben finden sich auch ein mit punzierten Kupferplättchen verkleidetes Holzkreuz sowie eine Truhe, die dank ähnlicher Dekoration einem mittelalterlichen Reliquienschrein ähnelt.
Den größten Teil des Peil Werks nimmt das Resultat seiner scheinbar unermüdlichen Zeichenpraxis ein. Bis zu seinem Tod im Jahr 2019 hatte Peil hunderte Zeichnungen sorgfältig in Klarsichthüllen und Ordnern katalogisiert. Auf den überwiegend in Tinte gezeichneten und nur gelegentlich kolorierten Blätter entwickelt Peil über Jahrzehnte einen zunehmend unverwechselbaren Stil. Bemerkenswert ist dabei besonders sein zeichnerischer Pointilismus, bei dem sich vermeintlich chaotische Tintenpunktschwärme allmählich zu klaren Formen zusammenfügen. Das herkömmliche Verständnis einer künstlerischen Handschrift ersetzt Peil so durch den subtil erzeugten Eindruck eines autopoetischen Naturprozesses. Auch in seinem Verhältnis zu Publikum und Außenwelt balanciert Peil immer wieder zwischen Gegensätzen. Einerseits erwecken die Zeichnungen nie den Eindruck, um jeden Preis verstanden und entschlüsselt werden zu wollen. Zugleich verschließt sich Peil jedoch keineswegs der Welt des Konsums. Auf dem Verso vieler Blätter signalisiert er seine epikurische Weltnähe mit fast enzyklopädischen Listen hochpopulärer Künstler, Schauspieler, Musiker und vor allem berühmter Kosmetik-Unternehmer und Designer. In manchen Fällen zitiert Peil sogar eindeutig das Werk der genannten Kreativen. Die häufig von seinen männlichen Protagonisten getragenen Brillen und Masken etwa ähneln immer wieder den Leder- und Plastikmasken, die der französische Modeschöpfer Pierre Cardin in den 1960ern als Teil seiner berühmten Space Age Kollektionen entwarf. Von seinem Standort im Großraum Nürnberg imaginiert sich Peil so als Teil einer kreativen Szene in Paris und New York, die wie er von zukünftigen, arkadischen Welten träumt.